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Blended Learning Erfolgsrezept

Warum Malte Arends lieber Lernformate als Lebensmittel mixt

Jeder liebt Pizza! Knuspriger Teig, eine frisch-fruchtige Tomatensoße, knackiges Gemüse oder würzige Salami und nicht zuletzt der heiße, zerlaufende Käse – bei Pizza kommt einfach das Beste auf einem Blech zusammen. Ähnlich ist es auch beim Blended Learning. Das hat Clive Shepherd bereits 2008 erkannt und sein „Blended Learning Cookbook“ veröffentlicht. Darin vergleicht er eine erfolgreiche Blended Learning Lösung mit einer ausgewogenen Mahlzeit, die eine Reihe Zutaten kombiniert – jede mit einem einzigartigen Zweck. Während wir nun bei der Suche nach dem besten Pizzarezept lieber auf die Google Suche verweisen, möchten wir heute mit Malte Arends über unser Rezept für erfolgreiches Blended Learning sprechen.

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Im Interview verrät der Instructional Designer sein blendendes Erfolgsrezept

Von Präsenzschulungen mit ergänzenden Online-Materialien bis hin zu digitalem Performance Support on-the-job – wo fängt Blended Learning an und wo hört es auf?

 

Malte: Das Spektrum ist enorm groß. Im Grunde kannst du dir eine Skala vorstellen: am Anfang könnte eine Benachrichtigungsmail zu einem neuen Web-based Training (WBT) mit einer stimulierenden Frage zum Inhalt stehen. Die Frage liefert einen ersten Lernimpuls. Vielleicht stellt der Lerner erstmal eigene Recherchen an, bevor er sich das WBT anschaut – und schon hätten wir einen minimalen Blend. Weiter oben auf der Skala hätten wir beispielsweise ein Lernszenario mit einem Medienportal, das unterschiedlichste Inhalte sammelt – Videos, Interviews, WBTs, kuratierte Inhalte – und die Möglichkeiten bietet, dass die Lerner eigenen Content beisteuern und sich ihren Kurs individuell zusammenstellen können.

 

 

Du hast gerade gesagt, es kann bereits mit einer Mail zu einem WBT anfangen. Bedeutet Blended Learning denn aber nicht, dass digitale und nicht-digitale Elemente miteinander kombiniert werden?

 

Malte: Nein, gar nicht. Blended Learning heißt im Grunde nur, dass ich unterschiedliche Lernformate mit einem ganz spezifischen Zweck kombiniere und diese zu einem sinnvollen Ganzen verbinde. Das kann zum Beispiel auch bedeuten, ausschließlich unterschiedliche digitale Formate miteinander zu mixen.
Der Sinn dabei, Formate zu mischen, egal ob nun digital oder analog, liegt darin, dass sich manche Formate einfach besser eignen, ein bestimmtes Verhalten beim Lerner zu erzeugen bzw. ihn in einer bestimmten Sache besser zu machen, als andere. So kann beispielsweise eine Checkliste in Excel, ausgedruckt im Bedarfsmoment, hilfreicher sein, als ein digitales Lernspiel, welches den Lerner auf alle erdenklichen Situationen vorbereiten soll. Dieses Lernspiel könnte dann aber wieder einen anderen Zweck besonders gut erfüllen.

 

 

Und das Mixen kommt bei den Lernern ja auch gut an. Studien zufolge geben drei von vier Lernern Blended Learning ein Like. Was macht Blended Learning so beliebt?

 

Malte: Aus meiner Sicht ist Blended Learning so erfolgreich, weil es – wenn gut gemacht – Menschen dazu befähigt, in ihrem Job erfolgreicher, sicherer oder einfach entspannter zu sein. Lerner erhalten idealerweise genau den Input, den sie als Vorbereitung für eine bestimmte Aufgabe benötigen oder sie können eine Ressource genau dann abrufen, wenn sie diese in einer ganz konkreten Situation benötigen.
Wichtig dabei ist, dass der Blend strikt aus Lerner Perspektive heraus erstellt wird. Sprich, die Formate und Inhalte müssen so gewählt werden, dass die Lerner einen echten Nutzen daraus ziehen können. Andernfalls erstellen wir– um bei der Essens-Metapher zu bleiben – entweder wertloses Fast Food oder Gerichte, die einem noch lange schwer im Magen liegen.

 

 

Und welche Komponenten gehören in jeden Blended-Learning-Baukasten rein, um für genug Abwechslung zu sorgen?

 

Malte: (lacht) Welcher Belag kommt auf die optimale Pizza? Diese Frage ist ebenso wenig allgemeingültig zu beantworten. Auf meine gehören auf jeden Fall Peperoni. Für’s Blended Learning gilt: Eben genau die Inhalte, die für einen bestimmten Bedarf passen.
Man kann nicht pauschal sagen, es muss immer ein digitales Element rein oder es muss immer ein Präsenzelement rein. Das ist unter anderem abhängig von der Komplexität des Themas, von meinem Budget, meiner Zielsetzung als Unternehmen und meiner Zielgruppe. Die pauschale Antwort wäre somit also, es müssen Formate rein, die helfen, meine Performance-Ziele zu erreichen und die optimal auf die vorhandenen Rahmenbedingungen abgestimmt sind.

 

 

Ist Blended Learning denn für jedes Lernziel und Szenario geeignet?


Malte:
Die Antwort ist ein klares Jein. Wenn Lerner beispielsweise ein bestimmtes Konzept oder irgendwelche Zusammenhänge nachvollziehen sollen, kannst du das möglicherweise mit einem kurzen Erklärvideo gut machen. Dann würde es unter Umständen ausreichen, so ein Video auszugeben. Nach der anfänglichen Idee, dass ein minimaler Blend auch durch eine Mail mit stimulierendem Reiz geschaffen werden kann, die auf unser Video verweist, könnte man sagen, du blendest an dieser Stelle bereits. Du musst dir dann aber gefallen lassen, dass andere Leute vielleicht sagen, dass sei ja gar kein echtes Blended Learning – sondern „nur“ eine Mail und ein Video.

 

 

Ja, das macht Sinn. Kommen wir zur nächsten Frage: “Die Qualität der Inhalte macht unabhängig vom eigentlichen Blended Learning Szenario den Unterschied“ – ja oder nein?

 

Malte: Die Wahrheit ist ja bekanntlich nie Schwarz oder Weiß. Ich antworte erstmal mit Nein und argumentiere damit, dass die richtige Zusammenstellung den Unterschied macht. Wenn die Lernformate nicht optimal auf die Performance-Ziele und Rahmenparameter im Projekt ausgerichtet sind, dann schafft es meiner Meinung nach auch die beste inhaltliche Qualität nicht zu überzeugen – und ein erfolgreiches Lernangebot zu schaffen. Ein Self made Video kann im richtigen Blend genauso einen Lernstimulus geben wie ein hochwertig produziertes Video.
Aber, und jetzt antworte ich mit Ja, es muss natürlich eine gewisse Qualität vorhanden sein, um eine Akzeptanz bei den Lernern zu schaffen. Das ist aus meiner Sicht nichts Anderes als Marketing nach Innen und Wertschätzung gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Ich muss meine Unternehmenswerte und Glaubenssätze in meinem Lernangebot transportieren. Qualität und richtiger Blend müssen also eine Symbiose eingehen.

 


Welche kreativen Umsetzungsideen für Blended Learning fallen dir direkt ein?

 

Malte: Für mich ist alles kreativ und großartig, was tatsächlich den Mitarbeiter berührt, zum Erleben und Ausprobieren anregt, und was vielleicht auch abseits der traditionellen Pfade von WBT und Trainer-geführtem Lernen liegt. Also vom digitalen Nachschlagewerk, über verschiedene Videoformate, bis hin zu Präsenzformaten wie beispielsweise Barcamps oder Brown-Bag-Sessions. Kreativ kann dabei einerseits die Formatwahl an sich sein, andererseits natürlich die jeweilige Umsetzung des Formates.
Was auf keinen Fall fehlen darf sind die passenden Marketingmaßnahmen zu dem, was entwickelt wurde! Also etwa Plakate oder ein kleines Showreel, welches mein Lernangebot bei der Zielgruppe bekannt macht und seinen Nutzen kommuniziert.

 

 

Was muss man bei der Umsetzung eines Blended Learning Szenarios beachten? Hast du ein paar Do´s und Don´ts?

 

Malte: Die reine Auslagerung von Themen auf Web-based Training ist in jedem Fall ein Don’t. Ich kann nicht davon ausgehen, dass ich schon ein tolles Blended Learning habe, wenn ich meine zehn Präsenztage etwa auf die Hälfte kürze, indem ich ein WBT vorher anbiete – ohne mir vorher zu überlegen, ob es denn sinnvoll ist, ich damit meine Zielgruppe und meine Ziele erreiche und so weiter. Ein weiteres Don´t ist für mich, das Marketing zu unterschätzen. Genauso wie ich Produkte für meine Kunden vermarkte, um erfolgreich zu verkaufen, muss ich Lernen für meine Mitarbeiter vermarkten, um erfolgreiche Lernangebote zu haben.

 

 

Und welche Do´s fallen dir auf der anderen Seite ein?


Malte:
Ich muss zunächst die Unternehmensziele kennen. Dann sollte ich wissen, wer meine Zielgruppe ist, welche konkreten Handlungen die Mitarbeiter besser ausüben sollen und weshalb dies aktuell nicht im gewünschten Maße geschieht. Als Nächstes kann ich überlegen, mit welchen Methoden ich in dem gegebenen Rahmen meine Ziele optimal erreiche und die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter befriedigen kann. Mit anderen Worten, ich muss von Beginn an systematisch an die Sache herangehen. Das ist ein definitives Do!
Ein anders Do: ich muss die Lernerperspektive einnehmen. „Ich als Mitarbeiter habe das Bedürfnis, mich gut zu fühlen in meinem Job. Und gut fühlen kann ich mich nur, wenn ich bestimmte Dinge gut kann, bestimmte Fehler vermeiden kann.“ Wenn ich verstehe, wie ich Mitarbeitern dieses Gefühl vermitteln kann, Sicherheit in Fehlersituationen und im Arbeitsalltag, dann kann ich auch entscheiden, was ich diesen Mitarbeitern anbieten muss, damit sie diesen Zustand erreichen.

 


Wo, denkst du, geht die Reise noch beim Blended Learning hin?


Malte:
Der größte Zukunftstrend, denke ich, wird sein, dass wir irgendwann keine starr festgelegten Kurse und Lernpfade mehr haben, sondern ein Angebot an Ressourcen, aus dem sich Mitarbeiter je nach Bedarf im „Moment of Need“ bedienen. Auch traditionelle Qualifizierungsstrategien werden sich so, mit der notwendigen systematischen Begleitung umsetzen lassen.
Der Erfolg der zahlreichen offenen Lernplattformen im Internet belegt ja bereits seit einiger Zeit diesen Trend. YouTube ist natürlich auch ganz vorne dabei. Ein Beispiel: Als meine Tochter noch im Kinderwagen lag, musste ich das riesen Ding in meinem Auto verstauen, um die Oma zu besuchen: Wie klappe ich den Kinderwagen so zusammen, so dass er in den Kofferraum hineinpasst? Ich habe mit meinem Handy gegoogelt und relativ schnell das Video eines anderen Vaters dazu gefunden, mir angeschaut, ohne mich irgendwo einzuloggen, und schon hatte ich den Kinderwagen im Handumdrehen zusammengeklappt und verstaut.

 

 

Du hast eben bereits den Marketingaspekt beim Blended Learning angesprochen. Denkst du, das Thema KI wird Blended Learning ebenso stark wie das Marketing beeinflussen?

 

Malte: Vielleicht insofern, dass KI mir Lernempfehlungen auf Basis meiner Interessen, Lernhistorie oder Qualifizierungsanforderungen geben kann. Oder mir beim Auffinden passender Lernangebote behilflich sein kann, sicherlich ja.
Was die Learning & Developement Branche sicherlich auch vom Marketing lernen kann ist, Standort-getriggert bestimmte Inhalte auszugeben. Also beispielsweise mit Geo-Targeting oder Beacons. Das könnte bei einem Autoverkäufer folgendermaßen aussehen: Ich nähere mich mit einem Kunden einem bestimmten Auto, mein Verkaufs-Tablet erkennt, an welchem Auto ich stehe und bietet mir automatisch bestimmte Inhalte dazu an.

 

 

 

Vielen Dank Malte für das spannende Interview!

 

Die nächste Ausgabe E-Learning Punk nächsten Monat wird sich dem Thema „Mobile Learning“ widmen.

Ansprechpartner

Seit 2014 bin ich Teil des Marketing & Communication-Teams bei der imc. Mein Herz schlägt für kreative Kampagnen, spannenden Content und digitale Innovationen. Mein Ziel ist es, das Thema Digitalisierung erlebbar zu machen – verständlich und einfach auf den Punkt. Meine Leidenschaften neben dem Beruf sind gute Bücher und Sport.

 

Über Feedback zur Reihe freue ich mich jederzeit an vanessa.klein@im-c.com.

Photo of Vanessa Klein
Vanessa Klaes
Senior Event and Communication Manager