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„Ihr Roboterlein kommet…“

Nein, wir stellen heute nicht unsere Science-Fiction Weihnachtsfilm Top 3 vor, sondern wir reden über Künstliche Intelligenz. Dr. Wolfram Jost ist Vorstand für Produktentwicklung und -strategie bei imc. Er beschäftigt sich damit, vorauszusehen, wie digitales Lernen in Zukunft aussehen kann. Daher der ideale Interviewpartner, um über den im Zeitalter der Industrie 4.0 wohl meistgepriesenen und zugleich meistkritisierten Zukunftstrend KI zu sprechen. Ganz ohne Fiktion diskutieren wir, was Künstliche Intelligenz bereits kann, was sie (noch) nicht kann und wie sie Lernern hilft, Entscheidungen zu treffen.

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Dr. Wolfram Jost über Künstliche Intelligenz und warum sie unser (Lerner-)Leben vereinfacht

Hallo Wolfram, ich möchte heute mit dir über Künstliche Intelligenz in der Aus- und Weiterbildung sprechen. Lass uns jedoch erstmal von vorne beginnen: Was ist Künstliche Intelligenz ganz einfach erklärt?

 

Wolfram: Künstliche Intelligenz ist ein Begriff, der derzeit sehr stark gehypt wird. Und wie das immer bei solchen Hypes ist, haben nicht alle Menschen das gleiche Verständnis darüber.

 

Generell versteht man unter dem Begriff Künstlicher Intelligenz – oder auch Artificial Intelligenz wie die Amerikaner sagen – Softwaretechnologien, die das Ziel haben, menschliche Verhaltensweisen nachzuahmen. Das kann etwa bedeuten, dass ein Roboter gehen, greifen oder sprechen kann.

 

Darunter gibt es den Begriff Machine Learning. Da kommen schon ein bisschen näher zu dem Thema Learning. Bei Machine Learning geht es darum, dass Softwaretechnologien lernen, ohne dass sie explizit so programmiert werden. Oder anders: Sie lernen nicht dadurch, dass ein Programmierer ihnen Regeln gibt, sondern sie lernen diese Regeln selbst. Und zwar dadurch, dass sie Daten aus der Vergangenheit nach Mustern untersuchen und diese Muster dann aus den Daten extrahieren.

 

 

KI-Systeme werden in Filmen und Büchern häufig als menschenähnliche Systeme beschrieben. Aber ganz ohne Science-Fiction Anmut: Noch in den Babyschuhen, ein pubertierender Teenager oder gestandener Manager – Wie weit ist die künstliche Intelligenz in ihrer Entwicklung?

 

Wolfram: Nicht so weit, wie sie in diesen Filmen dargestellt wird, aber weiter als die Kritiker glauben. Ein moderner Computer besitzt keine menschliche Intelligenz – und das ist, so muss man schon sagen – nach heutigem Stand der Technik auch nicht möglich. Ich glaube aber auch, dass es darum gar nicht geht. Bei KI geht immer darum, Menschen zu unterstützen, nicht sie zu ersetzen. Etwa wenn wir uns das ganze Thema Spracherkennung anschauen. Alexa kennen wir alle. Und das ist Künstliche Intelligenz. Oder Gesichtserkennung. Oder Bilderkennung. Oder Übersetzungen… es gibt schon sehr viele Beispiele, wo Künstliche Intelligenz bereits erfolgreich eingesetzt wird, um das Leben der Menschen zu vereinfachen.

 

 

Lass uns jetzt speziell zur Aus- und Weiterbildung kommen: Wie wird KI die Art und Weise verändern, wie wir lernen?

 

Wolfram: Im Bereich Aus- und Weiterbildung müssen Lerner Entscheidungen treffen. Zum Beispiel: Welcher Content ist für mich der Richtige? Welche Kurse soll ich belegen? Welche Karrierepfade sind für mich interessant? KI hilft, diese Entscheidungen zu treffen. Genauer gesagt: Immer dann, wenn es darum geht, solche Entscheidungen schnell zu treffen, kann KI eine Rolle spielen. Das ist auch beim autonomen Fahren so: Soll das Auto Gas geben oder bremsen? Soll das Auto links fahren oder soll es rechts fahren? KI hilft, solche Fragen auf Basis von historischen Daten oder dem aktuellen Kontext zu beantworten. KI ist im Wesentlichen eine Decision Support Funktion. Deshalb ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen, die man mit KI beantworten will.

 

 

Kannst du ein paar konkrete Szenarien in der Aus- und Weiterbildung beschreiben, in denen KI bereits eingesetzt wird?

 

Wolfram: Ein Beispiel ist das Thema Recommendation. Wir kennen das ja alle, wenn wir bei Amazon einkaufen. Direkt kommt der Hinweis: Leute, die Artikel X gekauft haben, haben auch Artikel Y gekauft. So kann man auch den Lernern sagen: Alle, die sich Lerninhalt X angeschaut haben, haben sich auch Lerninhalt Y angeschaut. Oder: Dieses Skill Profil hat auch die Kurse A und B belegt.

 

 

Im E-Learning Punk beschäftigen wir uns mit Buzzwords in der Aus- und Weiterbildungswelt, die gerade in aller Munde sind. Wir möchten aber nicht nur mit Schlagworten um uns werfen, sondern auch kritisch hinterfragen, ein Verständnis aufbauen und Zusammenhänge erklären. Wie hängen Schlagworte wie Big Data und Learning Analytics mit KI zusammen?

 

Wolfram: Big Data war auch mal – wie KI aktuell – ein Hype, ist dann aber wieder abgeflacht in der öffentlichen Wahrnehmung. Nichtdestotrotz ist Big Data heute noch so aktuell wie vor vielen Jahren. Big Data sagt nichts anderes, als dass sich das Datenmanagement drastisch verändert haben. Das Datenvolumen ist gewachsen, die Daten müssen schneller – häufig in real time – verarbeitet werden und die Daten sind nicht mehr nur noch strukturierte Daten, sondern auch unstrukturierte Daten. Das heißt also, das Verwalten und Auswerten von Daten unterliegt heute anderen Gesetzmäßigkeiten als das noch vor vielen Jahren der Fall war.

 

Das Thema Learning Analytics beschäftigt sich damit, wie wir den Erfolg des Lernens messen können.

 

KI kann bei beidem helfen. Zum Beispiel wenn wir uns „Content-Curation“ anschauen. Hier erkennt KI an dem Skill Profil und dem, was jemand in der Vergangenheit gelernt hat, Lernbedarfe und kann Content aus verschiedensten Quellen zusammensuchen und dem Lernenden sehr schnell zur Verfügung stellen. Das heißt, der Lernenden muss nicht mehr selbst anfangen, Lerninhalte zu suchen, sondern das System kann ihm aufgrund seiner Vergangenheitsaktivitäten automatisch neue Lektionen zusammenstellen. Und das hilft natürlich enorm mit Blick auf Lerngeschwindigkeit und Lernqualität.

 

 

Und welche Rolle kann KI in VR-Lernszenarien spielen? Können diese noch lebensnaher werden durch die künstliche Intelligenz?

 

Wolfram: Ich glaube, es nicht immer das einzelne, sondern das Zusammenwirken von VR, von KI, von Big Data, von Learning Analytics… Im Zusammenwirken liegt der eigentliche Vorteil all dieser neuen Entwicklungen für den Lernenden.

 

 

In unserem letzten E-Learning Punk Artikel ging es um das Thema Game-based Learning. Wenn wir das jetzt mal ganz konkret mit KI verbinden: Gibt es schon Lernspiele, die meine Persönlichkeit und meine Fähigkeiten erkennen und den weiteren Spielverlauf daraufhin anpassen?

 

Wolfram: Eine der größten Herausforderungen, die wir im Bereich Aus- und Weiterbildung haben, ist die Selbstmotivation. Und da ist das Thema Game-based Learning ein guter Ansatz, da es dabei darum geht, den Spaß am Lernen zu erhöhen oder besser gesagt, „spielend“ zu lernen. Wir spielen gerne Spiele. Und warum? Sie sind interaktiv, es gibt Regeln, es gibt Ziele, es gibt Rewards … Der Lernende sitzt nicht mehr passiv vor dem Computer, sondern er kann interaktiv eingreifen. Es gibt keinen vorgegebenen Lernpfad, sondern der Lernpfad entwickelt sich dynamisch während des Lernens durch Interaktion. Und das ist das schöne: Dass es nicht mehr so vorhersehbar ist. Das System kann sich dynamisch an das anpassen, was der Lerner vorher getan hat. Es wird nicht expliziert programmiert, wie mein Gegenüber im Spiel auf meinen Spieleavatar reagiert. Er verhält sich nicht nach vordefinierten Regeln, sondern in Abhängigkeit von dem, was passiert, trifft er Entscheidungen. Und dann sind wir ja wieder bei dem Thema Machine Learning – Softwaresysteme, die lernen, ohne dass sie explizit so programmiert wurden. Ohne dass ein Softwareprogrammierer den Spielfiguren vorhergesagt hat, wie und was sie lernen sollen, lernen sie automatisch auf Grund von Daten während des Spiels.

 

 

Zuletzt die Frage nach den Menschen hinter der Technologie: Welche Eigenschaften müssen wir in Zukunft mitbringen, um KI und Roboter zu ergänzen? Oder anders gefragt „Was kann KI im Vergleich zum Mensch nicht leisten?“

 

Wolfram: Das ist jetzt natürlich die Gretchenfrage. Ein Bereich, mit dem die KI Probleme hat, ist mit dem Thema Entscheidungen zu erklären. Wenn ein KI System heute eine Entscheidung trifft, ist es sehr schwer zu verstehen, warum es diese Entscheidung getroffen hat. Es ist ein bisschen wie bei einer Black Box. Es gibt keine Erklärungskomponente. Ein anderes Thema ist das Thema Intuition. Der Mensch trifft viele Entscheidungen intuitiv, das heißt, ohne zu wissen warum. Das ist für ein KI System nicht machbar. Auch beherrschen KI Systeme immer nur eine einzelne Domäne, nie mehrere Domänen gleichzeitig. Wie bereits eingangs gesagt: Menschliche Intelligenz ist den Menschen vorenthalten. Dinge, die nicht auf mathematisch beschreibbaren Mustern oder Verhaltensweisen beruhen, wie Intuition und Impulse, sind für Maschinen nicht erreichbar. Aber: Es geht nicht darum zu sagen, was KI nicht kann, sondern es geht darum zu sagen, was KI kann. Und es geht darum, KI heute schon in den Systemen sinnvoll einzusetzen. Und da haben wir ja gesehen, dass solche Systeme schon sehr viel können und auch schon sinnvoll eingesetzt werden.

 

 

 

Vielen Dank Wolfram für das spannende Interview!

 

Die nächste Ausgabe E-Learning erscheint im neuen Jahr und wird sich dem Thema „Learning by Quizzing“ widmen.

Ansprechpartner

Seit 2014 bin ich Teil des Marketing & Communication-Teams bei der imc. Mein Herz schlägt für kreative Kampagnen, spannenden Content und digitale Innovationen. Mein Ziel ist es, das Thema Digitalisierung erlebbar zu machen – verständlich und einfach auf den Punkt. Meine Leidenschaften neben dem Beruf sind gute Bücher und Sport.

 

Über Feedback zur Reihe freue ich mich jederzeit an vanessa.klein@im-c.com.

Photo of Vanessa Klein
Vanessa Klaes
Senior Event and Communication Manager